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Antwort an die DRF zu dem Artikel von S. Alt „China und Rußland im (Vor-) Urteil der KO“ in der Ausgabe Jahrgang 101. NR. 4.

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Wir freuen uns, dass Genosse S.Alt mit uns in die Auseinandersetzung um die Frage des Klassencharakters der Staaten China und Rußland geht. Kritik ist für uns wichtig, um in der Diskussion weiter zu kommen. Genau solche Auseinandersetzungen verstehen wir unter dem, was wir vor gut einem Jahr als Klärungsprozess begonnen haben. Um diese und andere Frage auf wissenschaftlicher Grundlage zu klären, haben wir ein BolscheWiki (wiki.kommunistische.org) gegründet, in dem wir, aufgeteilt in sieben Arbeitsgruppen, die drängenden Fragen unserer Zeit, bearbeiten wollen. Wir laden alle Interessierten herzlichst ein sich dort an unserer Forschung zu beteiligen und bestehende Ergebnisse zu kritisieren. Eine Frage, die S. Alt aufwirft – die Einschätzung der militärischen Rolle Chinas und seiner Politik im südchinesischen Meer – ist eine wichtige Frage, mit der wir uns systematisch beschäftigen wollen und die wir noch nicht exakt beantworten können.

In der internationalen kommunistischen Bewegung herrscht keine Einigkeit darüber was genau unter dem Begriff Imperialismus zu verstehen ist. Wir müssen also vorrangig klären was wir unter Imperialismus verstehen und dann untersuchen, welche dieser Faktoren auf die beiden Staaten zutreffen und wie sehr sie ausgeprägt sind. Das ist viel Fleißarbeit und der Bezug auf die Analysen von Marx, Engels und Lenin wird dabei von besonderer Bedeutung sein.

Wir gehen davon aus, dass China kein sozialistischer Staat ist – ausgehend von den ökonomischen Verhältnissen - und Russland und China Teil des imperialistischen Systems sind. In unseren programmatischen Thesen schreiben wir: „Der Imperialismus ist ein globales System gesellschaftlicher Beziehungen, das alle kapitalistischen Länder umfasst, nicht nur die USA, Japan und Westeuropa. Auch andere Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.“

Von dieser Annahme ausgehend wollen wir systematisch erarbeiten, wie Russland und China ökonomisch aufgestellt sind. In den Programmatischen Thesen heißt es: „Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem.“

In der kommunistischen Bewegung ist nicht nur der Charakter Chinas und Russlands umstritten, sondern die gesamte Imperialismusanalyse. Dieser Frage wollen wir uns im Rahmen der AG Politische Ökonomie des Imperialismus und zur genaueren Untersuchung des deutschen Imperialismus in einer eigenen AG zuwenden. Wir gehen davon aus, dass der Imperialismus als letztes und höchstes Stadium des Kapitalismus vor allem ökonomisch zu verstehen ist. Entsprechend der historisch-materialistischen Analyse Lenins ist für die Frage des Charakters der Produktionsverhältnisse nicht entscheidend, ob ein Land besonders aggressiv oder militärisch expansionistisch agiert, sondern ob die Entwicklung der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse das imperialistische Stadium erreicht hat. Karsten Schönsee hat das in seinem Leserbrief in der letzten Ausgabe bereits auf den Punkt gebracht.

Wenn man davon ausgeht, dass China kein sozialistisches Land ist und ökonomisch bereits die Charaktermerkmale der imperialistischen Phase erreicht hat, kann man es als aufstrebenden imperialistischen Staat verstehen, der im Moment vor allem ökonomisch expandiert. Es stellt sich dann auch die Frage, wie die militärische Konkurrenz mit anderen imperialistischen Staaten aussieht. Diese Annahmen und diese Fragen führen nicht dazu, dass wir, wie S. Alt, annimmt, China verteufeln oder dass wir nicht auf die Gefahr hinweisen, die von der NATO für Russland ausgeht.

Welche Position welches Land genau in der imperialistischen Auseinandersetzung einnimmt und wie dabei ökonomische, politische und militärische Faktoren ausfallen, bedarf einer konkreten Analyse. Die Konkurrenz und der Kampf um Einflusssphären nimmt in jedem Fall zu. Wir gehen daher davon aus, dass China und Russland ihre Position sowohl ausbauen als auch verteidigen müssen. Die Frage, ob dies in bestimmten Fällen vorübergehend die NATO-Aggression hemmen kann, was im Interesse der Arbeiterklasse und auch der bedrohten und angegriffenen Länder, wie Syrien ist, müssen wir kollektiv diskutieren und beantworten. Dass wir sehr klar benennen, dass von der NATO die Aggression gegen Syrien und auch in der Ukraine ausgeht, haben wir an vielen Stellen klar gemacht – also keine äquidistante Position vertreten.

Dass keine NATO-Kriegsschiffe im Hafen von Sewastopol liegen, ist gut. In unserer Stellungnahme zu den Provokationen der NATO im Assowschen Meer vom November 2018 schreiben wir: „Sie (die Arbeiterklasse und die Volksmassen) müssen den Kampf gegen die NATO und EU aufnehmen, die im zwischenimperialistischen Kampf mit Russland die Hauptaggressoren darstellen und von denen die Hauptgefahr eines Krieges gegen Russland ausgeht.“

Wir gehen davon aus, dass die USA und die großen NATO-Staaten besonders aggressiv vorgehen und von ihnen die Hauptgefahr für die anderen Länder und die Arbeiterklasse ausgeht. In unseren programmatischen Thesen schreiben wir, dass „der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt“ einzuschätzen ist. Mit der zunehmenden Konkurrenz dürfte die Aggressivität des tendentiell absteigenden US-Imperialismus zunehmen.

Kurz zusammen gefasst, denken wir, dass die Arbeiterklasse sich nicht auf eine der Seiten im imperialistischen Kampf stellen kann, sondern für ihre eigenen Interessen und ihre eigene Macht kämpfen muss. Eine Äquidistanz, die alle imperialistischen Staaten gleichstellt und über Unterschiede in Ökonomie und Politik hinweggeht, ist aber damit nicht gemeint. Auch die Möglichkeit, dass die Arbeiterklasse die Konkurrenz und den Kampf der imperialistischen Staaten für ihren Kampf ausnutzen kann, ist nicht auszuschließen. Wie sehr sie das kann, hängt vor allem von ihrer organisatorischen Stärke und ideologischen Klarheit ab.

In der von S. Alt zitierten Stellungnahme vom Juli 2018 schreiben wir: „Für die internationale Arbeiterklasse stehen die Zeichen auf harte Zeiten. Sie muss aufmerksam die Entwicklungen verfolgen und im eigenen Klasseninteresse beantworten. Die kommunistischen und Arbeiterparteien weltweit tragen in dieser Situation eine besondere Verantwortung. Es ist ihre Aufgabe mit inhaltlicher Klarheit gegen die Illusion vorzugehen, dass ein friedlicher Kapitalismus möglich ist.“

Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele Genossen in die Diskussion einsteigen und wir gemeinsam einen Klärungsprozess organisieren, der zur Beantwortung der Fragen notwendig ist.

KO

 


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